Engadiner Ski-Marathon

Skilanglaufen im sonnigen Oberengadin

Reisestart: 05.03.2006 – Reiseziel: Schweiz

Ein Bericht von Siegfried Maahs

Auch in diesem Jahr nahm ein Teil der Skilanglaufgruppe (Anke & Ralph Walther, Wolfram Herlich, Angela Werner, Antje und Siegfried Maahs) unserer Sektion wieder an einem sogenannten Worldloppet-Lauf teil. „Wordloppet“ eine englisch-schwedische Wortkombination (Welt-Lauf) – die für den Zusammenschluss von 14 verschiedenen bedeutenden Volksskilanglaufwettbewerben weltweit steht. Wobei die Mitgliedsländer mit je einem Lauf vertreten sind. Wenn man 10 dieser Läufe erfolgreich absolviert hat, darf man sich Worldloppet Master nennen. Hierbei ist es lediglich erforderlich, den Lauf in einem großzügig gesetzten Zeitlimit erfolgreich zu bestreiten. Oder anders gesagt: Teilnahme ist alles. Der deutsche Wordloppet ist z.B. der König-Ludwig-Lauf in Oberammergau.

Im Gegensatz zum letzten Jahr, als wir im skandinavischen Schweden am Vasalauf (schwedisch: Vasaloppet) teilnahmen, zog es uns „heuer“ in den Südalpenraum. Unser Ziel war das sonnige Oberengadin – Austragungsort des Engadiner Skimarathons. Das Oberengadin ist berühmt wegen seiner überdurchschnittlich vielen Sonnentage – 322 pro Jahr sollen es sein. Aufgrund seiner Höhenlage (1.800 m im Tal) ist Schnee praktisch garantiert.. Herrliche Hochgebirgslandschaften und die Quellseen des Inns veranlassten schon Friedrich Nietzsche, der hier viele Sommer verbrachte, vor über einhundert Jahren zu der Aussage: „…hier wo sich Italien und Finnland zum Bunde vereinen…“. Besser kann man es eigentlich nicht beschreiben. Die Schneesicherheit, die günstige Topografie (flaches breites Tal in großer Höhe) und die günstigen meteorologischen Bedingungen gepaart mit landschaftlicher Schönheit machen das Oberengadin zu einem der schönsten Skilanglaufgebiete Europas. Nicht ohne Grund ist St. Moritz im Oberengadin einer der ältesten Wintersportorte überhaupt. Gleich zwei mal fanden hier Olympische Winterspiele (1924 und 1948) statt.

Das Oberengadin, speziell St. Moritz, leidet noch heute unter dem Vorurteil, ein Wintersportort nur für die Reichen zu sein. Während dies in der Vergangenheit sicher zutraf, hat sich hier in den letzten 30 Jahren doch sehr viel geändert. So haben wir unser Domizil z.B. in der optimal gelegenen Jugendherberge von Pontresina bezogen. Mit für Schweizer Verhältnisse erschwinglichen 35 EUR für Übernachtung und Halbpension sind hier Skilangläufer bestens bedient. Die Jugendherberge ist gleichzeitig Langlaufzentrum und liegt etwa in der Mitte des Loipennetzes, so dass man nach allen Seiten ausschwärmen kann. Man kann sich direkt von der Haustür aus auf die Bretter schwingen, was quasi skandinavischen Verhältnissen entspricht. Also, optimale Bedingungen, um sich auf den Engadin Skimarathon vorzubereiten oder sich einfach nur eine Woche lang an der frischen Luft zu bewegen. Hier im Engadin stößt man ständig auf das Motto: „Langläufer leben länger“. Skilanglauf wird hier groß geschrieben. Dafür tut man alles. Sorgen über nicht gespurte Loipen muss man sich – selbst nach ergiebigen Schneefällen – nicht machen.

Auch Petrus war uns wohlgesonnen. Während man zu dieser Zeit überall sonst in Europa fast im Schnee erstickte, konnten wir uns dagegen über zahlreiche Sonnenstunden freuen.

In der Nacht nach unserer Ankunft schneite es so stark, dass ein Teilstück der Straße durch das Oberengadiner Tal wegen Lawinengefahr geschlossen werden musste. Aber schon am Vormittag kam die wieder Sonne heraus und das Tal zeigte sein gewohntes Antlitz. Die frisch verschneiten Pulverschneelandschaften glitzerten in der Sonne und darüber stand ein strahlend blauer Himmel. Gleich am ersten Tag liefen wir alle gemeinsam direkt von der Jugendherberge über St. Moritz, vorbei an den Olympiaschanzen und der romanischen Burg von Silvaplana, in das kleine beschauliche Örtchen Sils, wo wie bereits eingangs erwähnt Friedrich Nietzsche viele Sommer verbrachte. Je nach Lust und läuferischem Vermögen liefen einige nach Pontresina zurück, während der andere Teil bis nach Maloja, dem Startpunkt des Engadin Skimarathon weiterlief, um von dort mit dem Bus nach Pontresina zurückzukehren. Leider funktionierte dies aufgrund der wegen Lawinengefahr gesperrten Straße nicht wie geplant. So hieß es also die fünf Kilometer nach Sils nochmals unter die Bretter zu nehmen und von dort mit dem Bus zurückzufahren.

Am nächsten Tag liefen wir bei herrlichem Sonnenschein in das nahe gelegene Rosegtal, wo wir uns den Roseggletscher anschauen und auf der Terrasse des Gasthauses Roseg einen kleinen Imbiss zu uns nehmen können. Besonders schön an dieser Loipe ist die herrliche Abfahrt auf der Rückfahrt als Lohn für den mühsamen und stetigen Aufstieg auf dem Hinweg.

Auch der nächste Skitag stand im Zeichen eines Seitentales des Oberengadins. Wir fuhren mit dem Bus nach St. Moritz, um von dort über Sils in das romantische Fextal zu laufen. Nachdem es am Morgen noch geschneit hatte, kam auch hier wieder die Sonne heraus, so dass wir phantastische Ausblicke genießen konnten. Höhepunkt der Tour, im wahrsten Sinne des Wortes, war nach ca. 250 m Aufstieg die Einkehr in die Alp Muot Selvas, wo wir uns mit einem Süppchen stärkten. Ein leckerer Schümli Pflümli – eine schweizer Kaffee-Spezialität mit Pflaumenschnaps – heizte uns kräftig ein und versetzte uns in Hochstimmung. Der sportliche Höhepunkt fand dann jedoch am Abend statt. Angela und Ralph nahmen an einem Sprintstaffellauf in der Skatingtechnik teil. Dabei fanden sich per Zufall verschiedene Staffeln bestehend aus 3 Mitgliedern zusammen (Einheimische und Besucher im Engadin gemischt). Angela hat unsere Gruppe würdig vertreten und konnte mit „ihren“ Jungs einen beachtenswerten dritten Platz belegen.

Ein weiterer Skitag führte uns direkt von der Jugendherberge aus auf der zweiten Hälfte der Marathon-Loipe nach S-chanf, dem Ziel des Engadin-Skimarathons. Damit hatten wir die gesamte Strecke Laufes schon mal in Abschnitten getestet.

Am Tag vor dem Lauf ließen wir es ruhig angehen und unternahmen am Vormittag erst mal eine Fahrt mit dem Bernina-Express über den Berninapass nach Poschavio, wo wir zufällig auf eine kleine Gemäldegalerie mit 15 original Spitzweg-Bildern stießen. Derart inspiriert fuhren wir mit dem Zug wieder zurück in Richtung Pontresina, stiegen allerdings schon in Morteratsch aus, um von dort aus noch eine kleine Langlauftour zum herrlichen Morteratsch-Gletscher zu unternehmen. Beeindruckend war der als Eishöhle ausgebildete Gletschermund in seinen leuchtend blauen Farben. Spitzweg hätte seine wahre Freude gehabt. Wie lange wir uns noch an derartigen Bildern erfreuen können ist ungewiss, dies führte uns der mit Schildern gekennzeichnete Verlauf des Gletscherrückgangs von etwa 2 km in den letzten 100 Jahren ganz deutlich vor Augen.

Der Tag des Laufes schien dann der Klimawärmung trotzen zu wollen. Praktisch über Nacht gab es einen mächtigen Temperatursturz, so dass der Engadin Skimarathon praktisch über die gesamte Länge im Zeichen eines eiskalten Gegenwindes stand. In Pontresina spielte eine Rockband an der Strecke gerade den Rolling Stones Titel „I can get no satisfaction“. Aber davon konnte trotz des kalten Windes keine Rede sein. Zwar entsprachen die Laufzeiten wohl bei allen nicht den Erwartungen, aber gerade beim landschaftlich schönen Engadin Skimarathon ist der Weg das Ziel und Teilnahme alles. Alles war perfekt organisiert. Bequem mit der Rhätischen Bahn, denn extra für den Lauf war am Ziel eine Station eingerichtet worden, kehrten wir nach St. Moritz zurück. Anke und Antje, die uns moralische Unterstützung an der Strecke geleistet hatten, erwarteten uns schon, so dass es direkt vom Bahnhof aus zurück nach Jena gehen konnte, das wir wohlbehalten und befriedigt über den Verlauf der Skireise kurz vor Mitternacht erreichten.

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